Es ist erstaunlich, wieviele Dinge du tun kannst und dir bleibt trotzdem dabei das Gefühl, du müsstest eigentlich noch viel mehr leisten können. Die absurde Sehnsucht nach handwerklicher Arbeit, bei der du im Gegensatz zu sehr vielen Bereichen der Geistesarbeit irgendwas Handfestes vor dir liegen hast, hat mich heute dazu verleitet aus einer schnöden Fertigpackung ein Brot zu backen zu versuchen. Das Ergebnis duftet zwar nach Brot, aber konsistenzmäßig spielt es eher so in der Liga Pflasterstein.
Hier seht ihr es in einem glorreichen Screenshot. Ich hatte es mit der neuen Stories-Funktion von Instagram gepostet, mit der sich Bilder oder kurze Filmchen online stellen lassen, die nach einem Tag automatisch wieder gelöscht werden. Ähnlich wie bei Snapchat, aber. Aber! Bei Snapchat kommt es aus der Idee heraus, Bilder oder Filmschnipsel als Kommunikationstechnik zu verwenden, während es bei Instagram aus einer Inszenierungsidee heraus kommt. Vorteil ist bei Instagram aberr für Menschen wie mich, dass es einfach mehr Leute nutzen, die ich kenne. Und ich mag es, so ein paar Bild/Film-Schnipsel aus dem Alltag von Leuten, die ich kenne – egal ob off- oder online Bekanntschaften -, durchzugucken. Wäre schön, wenn es sich aber auch auf Instagram als Kommunikationstechnik durchsetzen würde. Ein paar meiner Freund*innen posten schon so. Andere ziehen aber auch hier dasselbe eigentlich archiv-orientierte Inszenieren durch. Hm. Das ist ja aber eigentlich schon der Rest von Instagram. Am besten gefällt mir an der Funktion allerdings tatsächlich, dass es dich nicht automatisch mit öffentlichen Likes oder Zahlen wie oft es angesehen wurde nervt. (“nervt” = dazu motiviert, es zu gamen, also etwas zu posten, was besonders beliebt ist.) Du kannst zwar nachsehen, wieviele und wer es angesehen hat, aber dazu musst du es selbst noch mal aufrufen – es schreit dir nicht entgegen wie sonst auf Instagram und Facebook. Ich sehne mich letztlich immer noch nach einem Social Network, ohne Quantifizierung und mit Ephemeralität. Miau.
Was mich derzeit so rumtreibt, ist vor allem die Vorbereitung für meine Future Hiphop & Bass Party SISSY BASS, die ich immer nur zwei mal im Jahr mache und die weniger Deko-aufwändig, dafür aber für mich schön nerdig musikalisch aufwändig ist. Ich höre mich seit Tagen immer Abends quer durch neue Grime, Juke, HipHop, Afrobeat, usw. Tracks und liebe es. Hoffentlich schaffe ich es morgen noch, wieder mal einen kleinen Mix zu machen und ihn online zu stellen.
Tagsüber hält mich seit Wochen vor allem das Booking für MV40 auf Trab: ein zweitägiges kleines Festival, das wir am 21. und 22. Oktober zum 40. Geburtstag unseres Veranstalterkollektivs organisieren. Mit Einladung an weggezogene Ex-MVler*innen – ich hoffe, da kommen auch einige. Wenn das alles so klappt, wie’s gerade aussieht, werden das zwei wunderwunderschöne Tage bzw Nächte. Aber super-fingernägelabknabberlevel-spannend, das Booken für so ein Festival. Dauernd ist noch ein Act oder wieder ein Act in der Schwebe, und noch dazu hatten wir uns vorgenommen (auf Anregung eines männlichen MV-Mitglieds wohlgemerkt! Bless my gang. ^^), ein möglichst von weiblichen und/oder queeren Künstler*n geprägtes Line up zu machen, und erst gegen Ende dann männlich dominierte Acts dazuzuergänzen. Und halt: No fillers, just killers. Bin gespannt, was am Schluss rauskommt – wir können’s hoffentlich kommende Woche verkünden.
Zu der Festival-Orga kommen noch stundenlange Diskussionen, die wir seit Wochen führen, weil (wieder mal) Umbaupläne für das Gebäude, in dem wir veranstalten, anstehen: dem K4 / Künstlerhaus. Das Veranstaltugskollektiv, in dem ich dabei bin, der Musikverein, enstand dort in selbstverwalteten Zeiten, dem KOMM – Nürnberg war einst ein echtes Aushängeschild für Soziokultur. Nun, es gab immer wieder Anläufe für den Bauabschnitt, der jetzt angegangen werden soll, aber diesmal sieht es ernster aus und wir sollen aus unserem Haupt-Venue, dem Zentralcafé, raus – da soll stattdessen ein Burgerrestaurant rein -, und in einen komplett neuzubauenden Kellerbereich ausgelagert werden. Was die Vor- und Nachteile sind, und was uns Sorgen macht, auf praktische und auf ideeller Ebene, das ist ein ganz schön komplexer Haufen Diskussionspunkte, die uns derzeit umtreiben. Auch damit werden wir hoffentlich kommende Woche mal in eine öffentliche Diskussionsphase übergehen. Dafür sitze ich gerade an der Formulierung eines Statements. Knifflig.
Was hat mich noch beschäftigt? Einige Vorträge hab ich gehalten, in anderen Städten, die doch auch immer etwas Vorbereitungszeit gekostet haben, aber allesamt gute Erlebnisse waren. Und ein Interview für den Spiegel hab ich gegeben, das wohl in der Ausgabe vom 23.8. erscheinen wird, Thema Digitalisierung, Social Media. Haben sogar einen Fotografen vorbeigeschickt. Ich hasse doch fotografiert zu werden. Aber war dann doch recht amüsant. Bin gespannt, was rauskommt.
Serien hab ich auch endlich mal wieder geguckt, nach längerer Abstinenz. Zuletzt Cucumber und Banana (Tofu steht noch aus) – 3 abgeschlossene Kurz-Serien von Russel T. Davies (Queer as Folk, Doctor Who, Torchwood) über queere Beziehungen in Manchester. Schon recht clean, aber es ist wunderbar erzählt, von großartig komisch bis tieftragisch. Und reißt sogar nebenbei das Mietwucher/Leerstands-etc. Problemfeld an. Und das von illegalen Putzkräften, die wie moderne Sklavinnen gehalten werden. Letzteres in Musicalform. Groß. Wirklich gut.
Außerdem schließe ich mich dem Lobeschor für Stranger Things an – eine schöne Hommage an das 80er Coming-of-Age Loser-Teenboys Kino, und auch musikalisch sehr gelungen. Ich weiß nicht, ob es deswegen besser gelungen ist als die meisten Remakes, weil es eben kein direktes Remake ist, sondern mit Elementen aus verschiedenen 80er Filmen spielt. Kann schon sein. Das war bei Super 8 ja ähnlich. Und hallo: Winona Ryder! Auf jeden Fall lesen dazu: Jana Sotzko (The Dropout Patrol, Soft Grid) in der Jungle World.
The Night Of bekam ich empfohlen und habe stattdessen erst mal das britische Original geguckt, das den etwas uncatchy Namen Criminal Justice trägt, aber das ich ebenfalls sehr gelungen finde: Jede der zwei Staffeln ist in sich abgeschlossen und begleitet eine Person durch den Strafvollzug. Dabei ist jeweils lange offen, ob die Person schuldig ist oder nicht. Ich finde es vom Erzähltempo, von der Auswahl was für Momente gezeigt werden, sowie von den Bildern her richtig gut gemacht. Aber vor allem die Uneindeutigkeit der Schuldfrage, die dir eine klare Sympathie/Antipathie-Figur entzieht, macht die Serie aus. Das bietet Raum für das Durchdenken deiner Vorverurteilung. Auch eine Empfehlung.
❤️
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