In den letzten Tagen haben mich mal wieder die Magenschmerzen eingeholt, die ich nun seit über einem Jahr zu meinem neuen Alltag zählen darf. Sie sind seltener geworden, oft dauern sie nur ein, zwei Tage, aber diese Woche sind sie hartnäckig. Ich hab sie zwar mit Schmerztropfen ganz gut im Griff, aber was verschwindet, ist nur der akute Schmerz. Ein Echo davon bleibt. Es fühlt sich konstant nach einem flauen Magen an, so ähnlich, als ob ich kurz vor einer Prüfung oder einem Auftritt stehen würde. Das Ganze diesmal sachte umsegelt von Tinnitus-Attacken, manchmal mit leichtem Schwindel. Soweit meine körperlichen Gebrechen, aber was mich eigentlich drüber schreiben lässt ist, was es mit meiner Psyche macht, die ja vorher schon angeknackst war.
Ich bin in mancher Weise softer geworden, leiser, vorsichtiger. Ich tue mir hart, meine aktivistische Stimme wiederzufinden. Mein Selbstbewusstsein ist angekratzt. Ich kann mich nicht lange konzentrieren, vor allem nicht auf Komplexeres. Das hat dazu geführt, dass es mir im vergangenen Jahr schwer fiel, mich in neue Themen, die mich faszinieren, richtig zu vertiefen. Lernend in Dialog mit Texten und Themen zu treten, was ich ja immer gerne auch schriftlich tat. Das vermisse ich sehr. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und dazuzulernen, meinen Horizont zu erweitern, das ist für mich so wichtig wie für andere das Reisen.
Es ist kaum ein Tag vergangen, an dem ich mich nicht nach solchem suchenden und erschließenden Schreiben und Denken sehnte. Das laute Nachdenken. Ich benutze die Vergangenheitsform, weil ich mich endlich zusammenreißen und wieder dahin zurückfinden will. Das Schlimme ist nämlich, dass mich das insgesamt zu einem ziemlichen Doomer gemacht hat, es hat mir die Hoffnung verschlagen und das muss aufhören. Ich will ja schließlich nach wie vor einen egal wie kleinen Beitrag dazu leisten, dass ich die Welt für andere ein bisserl besser hinterlasse, als sie es ohne mich gewesen wäre. This time it’s personal. 🦈 Naja. Mal schauen. 🙂
Was mich entspannt, wenn ich in Schmerz- und/oder depressiver Phase bin, ist (seit ich seit zwei Wochen endlich wieder mal halbwegs stabiles Internet habe) erstaunlicherweise unter anderem Twitch. Ich gucke gern, egal ob gestern einen ARD-Twitch-Talk zur Abschaffung des §218 oder ob Leuten beim Spielen zu, und es tat gut, mal wieder selbst zu streamen. (Ich kündige das außerhalb von Twitch immer nicht groß an und hab auch keine festen Zeiten im Moment, weil es sich noch nicht rund anfühlt. Und ich hab da auch keine großartigen Anschluss, woher auch, ist eine ganz andere Plattform, als die, auf denen ich sonst zu Hause war und bin.)
Aber sich ins Technische reinzufuchsen, hat großen Spaß gemacht. Vor allem audiomäßig ein streamfähiges Set Up einzurichten, nur mit dem, was ich eh zum Musik-Aufnehmen habe (Focusrite Scarlett und SM58 und zum Abhören Kopfhörer über Stereoanlagen-Amp), das war eine Herausforderung, weil mich die Latenz fast zum Aufgeben gebracht hätte. Also: dass ich mich auf dem Kopfhörer als zeitlich verzögertes Echo statt in Echtzeit hörte, was beim Sprechen uuultrastörend ist. Dafür dann nach langem Tüfteln eine Lösung zu finden, war sehr befriedigend, und ich glaub hauptsächlich hats ein ASIO-Plugin für OBS gelöst. Ich liebe Menschen, die kleine Softwarebasteleien gratis ins Netz stellen, um anderen das Leben zu erleichtern. Ach, und auch nach Jahren mal wieder komplett ohne Preset-Plugins halbwegs okay EQ, Kompressor, Noise Gate und so einzustellen – gar nicht so einfach. 😅 Vor allem, weil 90% aller Tipps dazu im Netz sich auf männliche Stimmen beziehen. Patriarchy finds you in every niche. Egal, als ich mich dann auf Kopfhörer endlich halbwegs okay anhörte, war dann meine Lust aufs eigentlich Streamen auch schon wieder ein bisschen vorbei. Manchmal ist’s tatsächlich der Weg, der zählt. Aber da es einem wiederholten Playthrough von Baldur’s Gate 3 doch noch mal einen anderen Kick gibt, es öffentlich zu spielen, werd ich schon immer wieder mal live gehen. Ich muss ja endlich noch mein großes Ziel umsetzen, Shadowheart und Karlach zu romancen, my butches. <3
Außerdem hab ich Dan McQuillans ‘Resisting AI – An Anti-Fascist Approach To Artificial Intelligence’ angefangen und schon nach dem ersten Kapitel scheint’s mir all das Lob schwerst verdient zu haben, das meine Masto-Timeline ihm gegeben hat. Er schafft es sehr gut, den Hype- und Critihype-Nebel um das Thema zu lichten, und AI klar und deutlich in möglichen oder bereits existierenden sozialen, klimatischen und politischen Konsequenzen zu verankern, und er ist ein wirklich guter Erklärbär für die Basics davon, wie zur Hölle AI eigentlich funktioniert. Und – bei dem Thema ganz wichtig! – auch die Begriffe klar zu definieren. Ich hasse Debatten, die überflüssig komplex und hitzig werden, nur weil Leute aneinander vorbeireden, weil sie verschiedene Dinge mit demselben Begriff meinen. Und ich liebe es, von etwas begeistert zu sein und das Buch gehört dazu. Genauso wie deathcrash live. Hab jeden Moment von dem Konzert bei uns geliebt. Was eine Spannung. Was ein Drummer.
Soundtrack zu diesem Post sei aber: Mi Ami – Echononecho