Coronawinter naht

Kaum bricht der Herbst an, wird mir wieder eng in der Brust. Von einem Tag auf den anderen wurde es genau diese kleine Nuance grauer und kühler, die dir klar macht: Der Sommer ist vorbei, die Saison des Draußensitzens ist vorbei. Was mich sonst mit einem Gefühl der Wärme erfüllt, weil ich es liebe, auf raues Wetter hinauszublicken, während ich drinnen warm beim Tee am Computer sitze oder lese, und weil sich Spaziergänge im Herbst und Winter so viel mehr wie “draußen” anfühlen, zieht mich der Umschwung heuer doch ganz schön runter, da er sich ein bisschen wie Abschied vom lokalen Freundes- und Bekanntenkreis anfühlt. Ich war zwar diesen Sommer auch nicht so viel unter Leuten wie sonst, aber es tat gut, selbst mit all den Corona-Vorsichtsmaßnahmen, endlich wieder IRL zusammenzusitzen.

Das Videochatten im lokalen Freundeskreis ist ziemlich eingeschlafen. Ich bin eine der wenigen in meinem Bekanntenkreis, die auf Treffen in geschlossenen Räumen verzichtet, soweit sie kann. Verzichten muss, weil Risikogruppe. Und selbst wenn Räume zum Treffen groß genug und gut genug gelüftet wären, graut mir vor Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei denen jetzt schon alle Fenster wieder geschlossen bleiben. Die möchte ich auch meiden.

Ich bin froh, dass ich so ein Onlinemensch bin, aber auf lokaler Ebene trifft mich die Isolation tatsächlich immer noch hart. Vom Veranstalterinnen- und DJ-Dasein bin ich es gewohnt, oft unter vielen Menschen zu sein und ich liebe diese Zufallsbegegnungen, wo du mit lieben Menschen in Gespräche rutschst, ohne dass du vorher ausgemacht hast, dich zu treffen. Ich bin es nicht gewohnt, mich verabreden zu müssen, einen festen Rahmen setzen zu müssen und bei Videochats triffst du halt selten noch andere, die zum Gespräch dazustoßen und wieder wegperlen. Spontaneität ist hart im Corona-Winter. Und, wie eine Freundin mal so treffend feststellte: Es gibt eben auch nicht so viele, mit denen es sich auch mal angenehm schweigen lässt im Videochat. Diese sozialen Räume und Communities — das kann halt kein Videochat ersetzen. Bin gespannt, wie es jetzt im Herbst wird. Ob es sich lokal wieder mehr auf Onlinekommunikation einpendelt, oder ob die meisten trotzig an dem sommerlichen Grad von offline-Begegnungen festhalten, und sich Indoors-Treffen normalisieren.

Ich erinner mich, wie intensiv es sich anfühlte, sich nach dem soften Lockdown das erste Mal wieder mit Freunden zu treffen. Bei mir war es im DESI Biergarten, und neben den zwei Freunden, mit denen ich mich zum Pläneschmieden für ein neues Projekt verabredet hatte, aber es waren dann auch noch so viel andere da, die ich kannte. Es lag Vorsicht, aber auch Leichtigkeit in der Luft. Eine ungestüme Freude darüber, sich wiederzusehen, die Fragezeichen schwingend zwischen den Tischen und Bäumen herumwehte, weil es ja doch nicht ganz so wie sonst war. Weil die physische Nähe den Abstand und das dauernde Gebot, vorsichtig zu sein noch bewusster machte.

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