Im Februar gab es eine Kunstaktion, bei der über der seltsam namenlosen neuen Eingangsfront des Künstler*innenhaus/K4/KOMM ein großes Banner mit ‘KÜNSTL☀HAUS’ (keinem Asterisk oder Genderstern, sondern einer Sonne, die mir als schönes Symbol für das Anregen einer Debatte über einen inklusiveren Namen, eine inklusivere Zukunft zu stehen schien). Vergangene Woche gab es ein Interview, nicht mit der Leiterin des Hauses, sondern mit dem Kunstkulturquartierleiter Michael Bader, in dem er sich jeglicher Diskussion komplett sperrte. Inwieweit das Druck von oben ist, inwieweit eigene Entscheidung – können wir nicht wissen. Ich wollte seitdem drüber bloggen, aber mir fehlte die Zeit. Für den Musikverein habe ich jetzt wenigstens diesen knappen Kommentar geschrieben:
Letzte Woche gab es bei Flamingo und Dosenbier ein (Non-)Interview zu der ‘Künstl☀haus’-Kunstaktion, die eine Diskussion anregen wollte, ob nicht zur Neueröffnung auch ein anderer, zeitgemäß inklusiverer Name für das ‘Künstlerhaus’ sinnvoll und angemessen sei. Die komplette Debattenverweigerung des KuKuQ-Leiters Michael Bader dort geht leider halt letztlich Hand in Hand mit Söders Sprachverbot für jegliche Ansätze, Sprache zum Inklusiveren hin zu bewegen. Als ob Sprache nichts Lebendiges sei, das sich immer wieder gesellschaftliche Veränderungen widerspiegelnd verändert. Und: als sei nicht gerade ein Kulturhaus ein Ort, der dieses zukunftsgewandte Erproben unterstützen sollte.
Wir haben uns vor ein paar Jahren für ‘Musikverein im Künstler*innenhaus Nürnberg e.V.’ als Vereinsnamen entschieden, weil wir uns mit dem erzkonservativen Entschluss, das Haus nach ‘K4’ in ‘Künstlerhaus’ umzubenennen noch nie anfreunden konnten und sich einige von uns bei dem Namen nicht als willkommener Teil des Hauses empfinden.
Das einzige Argument, das je fiel, war das rückschrittliche, dass es der historisch erste Name war. Da merkt man halt die übelst konservativen Züge der derzeitigen Kulturspitze der Nürnberger Stadtpolitik. Dass die Hausleitung die Kunstaktion nicht als Chance nutzt, eine Diskussion auch mal gegen die Obrigkeit mit loszutreten und etwas zu einer inklusiveren Kultur hin zu bewegen, ist eine schroffe Abweisung der Künstler*innen und anderen aus der Kulturszene, die mit der Aktion ja nur zeigten, dass sie trotz allem Drüberwalzens dieses Haus immer noch als einen Ort der Hoffnung auf eine zukunftsgewandte, gesellschaftliche offene Kulturbegegnungstätte im Stadtzentrum sehen, die Inklusivität und Vielfalt lebt und sich nicht nur symbolisch in Form von pinker Flagge und Regenbogenzebrastreifen als Diversitätswashing ans Revers heftet. Wir eigentlich auch.
Für mich persönlich kann ich noch hinzufügen, was ich schon dem Filmhaus als Feedback für die Einladung, die Stardust Cinema Reihe mitzukuratieren, intern gab und was mir gerade beim Schreiben wieder in Erinnerung kam: Mir hat diese Reihe, vielleicht auch gerade zusammen noch mit der mehrmonatigen Who’s Afraid Of Stardust-Ausstellung queerer Kunst im Haus meine Wahrnehmung des Künstler*innenhauses zu einem queer-freundlicheren Ort hin verändert. Dafür bin ich dankbar. Ich habe gemerkt, dass der kleine Queer in mir in diesen Monaten ein bisschen aufrechter und mit freierer Brust durchs Haus gelaufen ist als sonst und als an anderen Orten. Diese Nebenwirkung dieser Filmreihe hat mich persönlich überrascht, weil mir vorher nicht so stark bewusst war, dass ich mich im Haus sonst außerhalb meiner Bubble, was das anbelangt, doch immer noch sehr als Fremdkörper fühle. Immerhin bin ich seit ca. 1997 da aktiv, wir machen neben unserem Programm inzwischen drei Gastros (Soft Spot / Kantine, Festsaal, Filmhauscafé) und prägen das Haus schon auch als sozialer Ort mit, von langjährigen Safer Clubbing Ansätzen bis zu kritischer Auseinandersetzung mit den Strukturen, in denen wir Kulturarbeit leisten, sowohl intern als auch Haus- und Stadtpolitik gegenüber.
Trotzdem wird ein Widerspruch mir als derzeit wieder mal wachsendes Spannungsfeld bewusst: Der Kontrast dazwischen, ein Kulturhaus zu ein, dessen Rückgrat es auch heute noch ist, dass sich darin so verdammt viele Menschen ehrenamtlich in verschiedensten freien Gruppen und Vereinen engagieren (von Werkstätten und Computergruppe, über Film und Theater und Chören bis zu uns Veranstaltungskollektiven, Werkbund, Artothek und einigen anderen mehr), und der städtischen Top-Down-Struktur des KuKuQ, die doch immer wieder Mal diese Gruppen in einem Tonfall à la “solange du deine Beine unter meinen Tisch stellst” behandelt. Ich hoffe, das wird sich ändern und es entwickelt sich wieder mehr zu einem entscheidungsdemokratischeren Austausch auf Augenhöhe.
Von daher, ja, dieses Gefühl, das ich aus der queeren Filmreihe mitnahm, diese Mischung von Miteinbeziehen auf Augenhöhe und Repräsentation, das tritt etwas los. Nur Repräsentation und Geduldetwerden alleine tut das nicht. Wenn feministische, queere, antirassistische, anti-antisemitische, antiableistische Positionen nur auf der Bühne oder nur in Symbolpolitik Platz haben, verändert sich nichts. Nur als Beispiel: diesselben Veranstalter (bewusst nur männliche Form), die vor ein paar Jahren als Hypethema für sich entdeckt hatten, mehr Frauen* und BiPOCs auf die Bühne zu bringen (während hinter den Kulissen die alten Strukturen zum Großteil bestehen blieben), treten heute oft schon wieder mit dem alten überwiegend männlich-weißen Line Ups an. Wenn nicht hinter den Kulissen auch ein inklusiverer und demokratischere Einbeziehung stattfindet, ändert sich nichts an den verstaubten Verhältnissen. Es ist frustrierend.
Deswegen ist mir persönlich wichtig, zu sehen, dass die Debatte über den Namen eines solchen Hauses, nicht nur eine Frage der sprachlichen Inklusion und Repräsentation ist, die selbstverständlich auch ihre Wirkkraft hat, sondern auch eine Frage von Demokratie in Action: Ein Zeichen, als Teil einer sich engagierenden solidarischen Stadtgesellschaft ernstgenommen zu werden, als Zeichen für lebendige debattenfreudige, zukunftsorientierte und wirkungskräftige Kulturarbeit.