Ein neues Jahr also. Die Zeit um Weihnachten und Neujahr habe ich wieder mal sehr viel zu Hause verbracht und viel gelesen und Filme nachgeguckt, die ich verpasst habe und war eher im Kino als in Clubs. Und ich habe mir Gedanken darum gemacht, wie ich mit meinem Medienkonsum von Kultur bis Social Media umgehe und was ich von ihnen will. Dass ich zu wenig reflektiere, zu wenig setzen lasse. Deswegen mal wieder der Vorsatz, mehr zu schreiben und mehr Mut zu Fragmentarischem und offenen Enden zu haben. Jahresendliste als Liste nicht, aber zu Büchern, Filmen und Serien, die mir letztes Jahr etwas gaben, will ich schon noch was schreiben. Musik ist schwieriger geworden. Das liegt an verschiedenen Dingen, nicht zuletzt den neuen Entwicklungen, die mit Social Media, dem Sterben der Musikpresse, allesdurchdringendem Marketing und der Schwierigkeit, das richtige Medium für mich zu finden, zu tun haben. Das “richtige” Format prägt mein Hören, prägt die Bedeutung von Musik für mich. Spotify ist es nicht, aber es ist für viele Veränderungen mit verantwortlich. (Tapes und Vinyl sind es übrigens auch nicht.) Dazu will ich aber auch noch was schreiben. Auf Medienkritik, die mich lange beschäftigte, hab ich keine Lust mehr. Zu frustrierend und sich wiederholend, siehe Omagate und Silvester in Connewitz.
2019 habe ich unglaublich viel gelernt, aber zu wenig davon festgehalten und Konsequenzen gezogen. Tim Colishaw kramte auf Twitter letzthin den treffenden @Horse_ebooks-Tweet von 2012 raus: “Everything happens so much.” Bevor ich dazu komme, etwas umzusetzten, die langwierige praktische Arbeit anzugehen, zerrt mich schon der nächste Aufmerksamkeitsheischer durch die nächste Tür. Oder die Tür brennt gleich ganz ab und bringt erst mal einen ganzen Batzen Zusatzarbeit mit sich, wie beim Brand der Kantine, des Clubs, in dem unser Veranstaltungskkollektiv derzeit haust. Oder eben nicht haust. Brenners “jetzt ist schon wieder was passiert” als Dauerzustand. Zu oft treiben Themen, Probleme und Ideen mich vor sich her statt dass ich sie mir aussuchen und vertiefen kann. Zu oft hatte ich das Gefühl, etwas zu retten, mich übernommen zu haben, statt es lustvoll mit anderen gemeinsam zu organisieren. Aber weniger machen? So vernünftig bin ich glaube ich immer noch nicht. ><
Ein paar Themen haben sich aber auch im positiven Sinne mich ausgesucht und zu längeren Texten und Vorträgen inspiriert: Die rechte Radikalisierung im Internet, insbesondere über Antifeminismus und die Methoden der Rechten – dazu habe ich wirklich unglaublich viel gelesen und gelernt – aber auch das Aufräumen mit Klischees zu weiblicher Fankultur gehörte zu meiner Vortragsarbeit. Das Vortragsreisen hat mir auch wirklich Spaß gemacht im vergangenen Jahr. Und Interviews und Podiumsdiskussion durfte ich zu Frauen in der Musikszene beitragen – da war 2019 endlich so ein bisschen der Comedown des neoliberalen Feminismus. Gut so. Feminismus darf nicht (nur) heißen “mehr Frauen auf der Bühne,” “Fuck you pay me” und Self-Care als Waffe, um sich für den harten kapitalistischen Konkurrenzkampf fitzumachen. Feminismus ist ein Thema, das ich als Pflicht betrachte, keines das ich mir aussuchen würde. Pflicht in dem Sinne, dass ich dazu inzwischen einfach einiges aus Praxis und Theorie zusammenbringen und einen Beitrag leisten kann, der anderen helfen kann. Care Work. Ein anderer Vortrag, den ich heuer dann auch endlich mal in überarbeiteter Form in Nürnberg halten werde, denkt verschiedenste Facetten von Speculative Fiction und Design mit Stadtpolitik und dem Recht auf Stadt, zusammen. Das ist ein superspannendes Feld, zu dem ich mehr machen will. Zu Weltuntergangsgefühlen angesichts der Klimakatastrophe und ihrer Folgen habe ich auch schon was zu schreiben begonnen, das es hier auch demnächst geben wird.
Als ich so Mitte Zwanzig war, war meine größte Angst, dass ich irgendwann nicht mehr gespannt auf Neues bin, keine Veränderungen mehr antreiben will, und nicht mehr wissensdurstig bin. Dass diese Angst gar so unbegründet sein würde und wie anstrengend das wird, hätte ich mir nicht träumen lassen! 🙂